Der Architektenvertrag ist ein Werkvertrag. Dabei schuldet der Architekt das erfolgreiche Entstehen des Bauwerks (Wirth in Korbion, Mantscheff, Vygen, 9. Auflage 2016, Teil B Rn. 111). Entscheidend ist damit der Erfolg der Arbeit und nicht der Aufwand, den der Architekt betreibt, um sein Leistungssoll zu erfüllen. So ist klar, dass eine mangelhafte Leistung ohne Mehrvergütungsanspruch wiederholt erbracht werden muss, damit das Leistungssoll erfüllt wird. Ändern sich dagegen Umfang und Ziel – ohne dass dies dem Architekten zuzurechnen ist – steht ihm ein Nachtrag (Mehrvergütungsanspruch) zu.
Was der Architekt im Einzelnen schuldet, ergibt sich aus der Gesamtwürdigung der Vertragsbeziehung. Dies beginnt damit, dass der Architekt zwar mögliche Varianten in der Planung schuldet, nicht jedoch die Darstellung echter Alternativen, OLG Dresden IBR 2007, 254. „Varianten“ sind Abänderungen nach gleichen oder nur geringfügig anderen Anforderungen. Eine „Alternative” bezeichnet dagegen wesentliche Abweichungen im Raum- oder Funktionsprogramm oder erhebliche Veränderungen im Bauvolumen durch andere Anforderungen des Auftraggebers. Das OLG Dresden entschied, dass eine Planung in Massivbauweise eine Alterative zu der ursprünglich beauftragten Planung in Leichtbauweise darstellt und daher im Rahmen dieses ursprünglichen Auftrags nicht geschuldet war.
Soll der Architekt für die Kostenberechnung also mehrere Szenarien darstellen, dann muss man danach fragen, woraus sich die Kostenunterschiede ergeben.
Sind die planerischen Änderungen gering und ergeben sich die Kostenunterschiede vor allem daraus, dass in einem Fall teure, im anderen Fall preiswertere Materialien verwendet werden, so handelt es sich um Varianten. Die Darstellung dieser unterschiedlichen Varianten ist im Rahmen des einen Auftrags geschuldet.
Resultieren die Kostenunterschiede aus völlig verschiedenen Planungskonzepten, so ist die Darstellung und Berechnung einer Alternative nicht in dem ursprünglichen Auftrag beinhaltet.
Wie kann der Architekt aber in so einem Fall für seine zusätzliche Leistung eine Vergütung verlangen?
Am einfachsten geschieht dies, wenn der Architekt vor Erbringung seiner Leistung im Rahmen eines schriftlichen Architektenvertrages die Vergütung für den Fall der Ausarbeitung einer Alternative vereinbart. Fordert der Auftraggeber die Darstellung einer Alternative, kann der Architekt auf die vertragliche Vereinbarung verweisen.
Nach § 10 Abs. 2 HOAI entsteht ein zusätzlicher Honoraranspruch für ein Wiederholen von Grundleistungen. Für ein Vorliegen dieser Anspruchsvoraussetzungen ist bei einem Prozess der Architekt beweisbelastet. § 10 Abs. 2 HOAI verlangt zudem die Schriftform für die Vereinbarung des Honorars. Auch hier muss also der Architekt vorab einen schriftlichen Architektenvertrag schließen. Zwar entfällt der Honoraranspruch nach Ansicht der Literatur nicht, wenn es an einer schriftlichen Vereinbarung fehlt. Doch in so einem Fall besteht Rechtsunsicherheit bezüglich der Höhe des Vergütungsanspruchs, das heißt: erhöhtes Streitpotential, Prozessrisiko, Kostenrisiko.
Ergebnis:
Im Rahmen der Planung schuldet der Architekt unterschiedliche Varianten, aber nicht Alternativen. Um Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden sollte der Architekt vor Leistungserfüllung im Rahmen seines schriftlichen Architektenvertrages die Vergütung für die Ausarbeitung von Alternativen festlegen.
Peter Matthias Astner, LL.M.
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
Lehrbeauftragter für Bau- und Architektenrecht an der Hochschule Rosenheim