Nun hat es also auch unsere Architekturbüros erreicht. Abstandhalten, Lüften und Homeoffice Ermöglichen genügt nicht mehr. Jetzt sollen möglichst alle von Zuhause aus arbeiten, im Büro Masken tragen, wenn Abstände nicht eingehalten werden können, und nicht mehr gemeinsam essen. Vorerst bis Mitte März.
Das ist für uns alle, die wir dringend den unmittelbaren Kontakt zu unseren Bauherrinnen und Bauherrn, zu unseren Kolleginnen und Kollegen, das Diskutieren und Skizzieren im Team über Plänen und Modellen brauchen, kaum zu ertragen und nur mit Einbußen zu meistern.
Dazu treten nun alle Mängel und Versäumnisse der Digitalisierung spürbar in Erscheinung. Es fehlt an vielen Orten an einer leistungsfähigen digitalen Infrastruktur. Selbst wenn sich die Büros technisch gut ausgerüstet haben, sind die Wohnungen, in denen wir nun arbeiten sollen, bei weitem nicht auf diesem Stand. Für unsere datenreichen CAD-Zeichnungen, insbesondere für BIM-Modelle sind die Übertragungsraten meist zu gering. Von der Bearbeitung eines Modells im Team ganz abgesehen. Viele kennen die Probleme, wenn in Videokonferenzen mit mehreren Teilnehmern solche Zeichnungen bei geteiltem Bildschirm besprochen werden sollen.
Und was machen die Bauämter und Behörden. Sie gehen teilweise auf Tauchstation, lassen keine Einsichtnahme in Archive zu, geschweige denn Beratungsgespräche oder Handeinträge. Anstatt mit gutem Beispiel voranzugehen und digitale Lösungen zu entwickeln, werden wir oft allein gelassen – nicht von allen, aber von vielen.
Die Situation Zuhause ist vor allem für Berufsanfänger in ihren Apartments und für junge Architektinnen und Architekten mit kleinen Kindern kaum zu bewältigen. Darüber hinaus ist es für mich im Grunde ein unzulässiger Eingriff in die private Wohnung als Erholungs-, Rückzugs- und Schutzraum.
Wenn wir in den letzten elf Monaten auch gelernt haben, dass Homeoffice in bestimmtem Umfang möglich ist und für die eine oder den anderen manches vereinfachen mag, kann und wird es für uns Architektinnen und Architekten mit unseren vielen Kontakten vom Bauamt bis zur Baustelle immer nur eine Notlösung sein. Doch auch in unserer gesellschaftlichen Verantwortung für die Gestaltung von Räumen für Wohnen, Arbeit und Freizeit müssen wir die grundsätzliche Problematik von Homeoffice deutlich ansprechen.
Alexander Schwab
Präsident der VfA