Semesterstart, mal wieder! Alle Kurse sind gewählt, die Leberkassemmeln liegen bereit, es kann losgehen.
Unser achtes Semester, nach dem mein Bachelorstudium planmäßig endet, hat soweit schon gut begonnen. Bei der Vergabe der Bachelor-Entwürfe habe ich meinen Wunschentwurf bekommen, das Stadthaus Trier am Lehrstuhl von Florian Nagler.
Südlich der Trierer Innenstadt soll ein Eckgebäude entworfen werden, dessen Nutzer und damit auch dessen Programm die Studenten jeweils selbst festlegen und ausarbeiten sollen, und zwar im ersten Schritt in Form eines Briefs des Bauherrn an den Architekten. Als Anregung dafür diente der Brief des Göttinger Little Steidl Verlags an Peter Zumthor, in dem darum gebeten wird ein Werkhaus zu entwerfen und sehr detailliert die Lebens- und Arbeitsumstände und persönlichen Bedürfnisse der zwei Familien beschrieben werden, die in dem Haus leben sollen.
Vor dem ersten Testat haben die meisten von uns bisher vor allem an unserem gemeinsamen Umgebungsmodell im Maßstab 1:200 gearbeitet. Wir haben uns dazu entschieden, die Farbigkeit der Umgebung abzubilden, was die in einer Gruppe von 20 Studenten ohnehin schwierige Entscheidungsfindung zusätzlich auf die Probe gestellt hat: Übertragen wir Druckerfarbe mit Aceton auf die Pappe, bekleben wir sie mit Tonpapier, bepudern wir sie doch lieber mit Pastellkreiden? Nach einer Menge an Tests ist das Modell jetzt allerdings fast fertig und sieht gut aus, auch wenn immer noch an der ein oder anderen Stelle nachgebessert wird.
Den „Brief an den Architekten“ für das Testat habe ich in zwei Teile geteilt: Ein Statement der Stadt Trier, in dem das städtische Wohnungsbau-Projekt an der Ecke Weberbach/Rahnenstraße vorgestellt wird. Es handelt sich um eine Zusammenarbeit mit einem Möbelbauer-Paar, das im Erdgeschoss aus Platzmangel eine neue Werkstatt mit Showroom einrichten will. Daran angeschlossen gibt es eine Wohnung für deren Familie und – in den oberen Geschossen – städtisch gefördertes Wohnen.
Der zweite Teil besteht aus Fragmenten von Küchentisch-Gesprächen der Familie. Zum Beispiel sehnt sie sich nach einer größeren Werkstatt, in der sie Möbelbau-Crash-Kurse für die Nachbarn geben kann; und er nach einem Treppenhaus, in dem es sich zu Leben lohnt. Komische Leute die Maiers.
Durch den ungewöhnlichen aber spannenden Start in den Entwurf sind 20 vollkommen unterschiedliche Texte entstanden, und vor allem 20 vollkommen unterschiedliche Entwurfsgrundlagen. Das und die Betreuung, die bisher ganz entspannt und konstruktiv war, lassen auf ein Top-Semester hoffen und auf ein erfolgreiches Bachelor-Thesis-Projekt.
Zum Leben eines Architekturstudenten soll aber nicht nur gehören, heiße Sommertage am Rechner und in der Modellbauwerkstatt zu verpassen, sondern Ferien gibt es auch. Abgesehen von einem Praktikum bei einem Architekturbüro in Berlin habe ich seit Ende des letzten Semesters drei Orte zum ersten Mal besucht, die für Architekturstudenten interessant sind. Die Semesterferien in Bildern aus Goa (Indien), Lille (Nordfrankreich) und Hamburg:
- Immer ein bisschen diesig am Horizont. Die Hitze in Goa hält man Ende März nur im Wasser oder mit einer Sprite aus.
- Von der alten Metropole Velha Goa ist bis auf die Großbauten der Jesuiten- Missionare fast nichts mehr übrig. Die meisten erinnern wie diese an Il Gesù in Rom und an St. Michael in München.
- Besuch in Nordfrankreich: Roxana in der Villa Cavrois bei Lille
- Robert Mallet Stevens hat die Villa für eine Familie mit sieben Kindern 1932 fertig gestellt. Bis 2015 wurde sie zehn Jahre lang restauriert und ist jetzt ein Hotspot für lokale Senioren und Architektur-Touristen.
- Super-schlanke Stahlstützen tragen das Dach des Louvre Lens in Nordfrankreich.
- In der Galerie du Temps sind die Kunstwerke sind nach ihrer Entstehungszeit angeordnet: Hier die Archaik-Klassik-Hellenismus-Gang.
- Barock sieht in Hamburg anders aus als in Bayern oder Goa: Der Michel
- Sollte man sich unbedingt von nahem ansehen, Hamburg und die Elbphilharmonie.
Niklas Heese
Architekturstudent