„Wir brauchen eine starke Kammer“, habe ich im Juli dieses Jahres einen Artikel im VfA- Monatsbrief überschrieben. Heute stellt sich eher die Frage, wie lange es noch dauern wird, bis in der Kammer wieder etwas auf Arbeits- oder neuerdings Projektgruppenebene – getan werden wird.
Seit der Wahl des neuen Präsidiums im Frühsommer mit dem für viele überraschenden Ausgang, seit der berufspolitischen Tagung in Kloster Irsee im Herbst mit der dort von allen so positiv empfundenen Aufbruchsstimmung, seit der kürzlich stattgefundenen Vertreterversammlung mit der folgerichtigen und unstrittigen Ernennung von Lutz Heese zum Ehrenpräsidenten – passiert auf den Ebenen unterhalb des Vorstandes noch immer wenig bis nichts.
Warum kommt die Gremienarbeit nicht in Gang? Bis heute existiert zwar ein Konzept zu einer schon kurz nach der Präsidiumswahl angekündigten neuen Struktur, aber außer deren Vorstellung auf der letzten Vertreterversammlung ist sehr wenig Konkretes geschehen. Der Besuch auf der Kammer-Homepage frustriert, im Bereich Gremien gibt es seit Monaten keine neuen Einträge, nicht einmal über die erwähnte, neue Struktur ist irgendwo etwas nachzulesen.
Ist die Hoffnung, dass nach den Kammerwahlen alle rasch zur Sacharbeit zurückkehren würden, trügerisch gewesen? Ist es so, daß sich bis heute Interessenssphären verschiedener Verbände nicht ausreichend in Einklang bringen ließen und ist deshalb für Sacharbeit noch immer zu wenig Platz, Zeit und Energie übrig? Oder dauert es deswegen so lange, weil neben den vielen Wechseln im Präsidium die zusätzliche Einführung einer neuen – im übrigen nicht überall auf Gegenliebe stoßenden – Struktur einfach zuviel auf einmal ist?
So oder so ist der aktuelle Zustand gefährlich. Gefährlich, weil bei vielen berufspolitischen Fragen eine starke Präsenz der Kammer in der Öffentlichkeit erforderlich ist. Eine starke, aktuelle Präsenz, gestützt durch Haltung, Wissen und Interessen, im Hintergrund von Präsidium und Gremien gemeinsam erarbeitet. Gefährlich auch, weil bei vielen dieser Themen Politik und Öffentlichkeit unentwegt voranschreiten, Lösungen diskutiert und entwickelt werden und der Berufsstand der Architekten in Bayern derzeit oft nur staunend am Bahnsteig steht, um zuzusehen, wie die Züge reihenweise ab – und vorbeifahren.
Gefährlich ist dieser Stillstand aber auch, weil er intern viele Ehrenamtliche auf Dauer demoralisieren wird, wenn so lange nichts passiert. Und welchen Sinn haben denn Engagement und Einsatz für berufspolitische Interessen, wenn die erarbeiteten Positionen nicht durch ein starkes Präsidium und aktive Gremienarbeit nach außen vertreten werden können?
Ich habe im Juli geschrieben:
„Wir brauchen … eine starke Kammer und einen schlagkräftigen Vorstand, getragen von engagierter und motivierter Gremienarbeit. Die Verbände müssen zusammenarbeiten, partnerschaftlich und kollegial. Unsere neue Präsidentin und die neu gewählten Vorstände brauchen unsere Unterstützung.“
Es bleibt zu hoffen, dass im neuen Jahr schnell Bewegung entsteht. Das Präsidium ist am Zug.
Josef Wensauer