Niklas Heese ist Architekturstudent an der TU München. Die letzten zwei Semester hat er in Shanghai an der Tongji Universität studiert und hier darüber berichtet. Jetzt ist sein Jahr in China vorbei und schreibt aus München einen Rückblick im Schnelldurchlauf und mit Bildern.
Myanmar verlassen, in Shanghai ankommen, wissen, dass diese Stadt nun für ein Jahr mein Zuhause sein wird – auf einmal ist der Urlaub vorbei, das Abenteuer geht weiter. Doch so fremd die ganze Stadt und ihre Leute zu Beginn auch sind, von Anfang an fühle ich mich wohl in Shanghai.
Nach kurzer Zeit reicht das Mandarin auch aus, um Essen und Taxis zu bestellen und auch die Mentalität beginne ich zu verstehen. Tsingtao-Bier und Streetfood machen die Annäherung leichter.
Viel von dem neuen Verständnis von China kommt auch aus der Universität, allerdings vor allem aus dem alltäglichen Leben. Im ersten Semester habe ich schließlich noch auf dem Campus gewohnt. Vor Building B kann man zum Beispiel seine das chinesische Verhandeln üben, beim fliegenden Architekturbuch-Händler.
In den Entwurfskursen lernt man ohnehin mehr über Land und Leute als über das Entwerfen. Alle vertiefen sich in relativ frei gewählte Themen (Aufgabenstellung für den Entwurf im ersten Semester war schlicht: „Home.“ Also etwas zum Thema Zuhause, mit sehr vagen Angaben zu Ort und Dimensionen.) und ein-, zweimal die Woche bekommt man von seinen Kommilitonen eine neue Perspektive von China vermittelt.
Auch wenn die Lehre hier zu der in München abfällt, ist sie sehr persönlich, außerdem finde ich hier nicht zuletzt auch Freunde, darunter meine Freundin, Roxana. Überhaupt lernt man in Shanghai wahnsinnig schnell Leute kennen. Egal ob im Chinesisch-Kurs, in der Studentenbar oder am Streetfood-Stand: Die Stimmung ist entspannt und neben den vielen flüchtigen Bekanntschaften bilden sich ein paar echte Freundschaften heraus…
…mit denen man natürlich eine Sache besonders gut tun kann, nämlich Asien bereisen. Vor allem mit meinem Zimmerkollegen Max habe ich mehr gesehen, als in die Monatsbriefe passt (, was mich aber nicht davon abgehalten hat, trotzdem darüber zu schreiben). Auf den Reisen habe ich nicht nur unglaublich viel an großartiger Architektur gesehen, sondern auch Kultur und Leute kennen gelernt.
- The Erasmusbridge (UN Studio) and the building De Rotterdam (OMA) are the highlights of Rotterdam´s modern skyline
- Ufo-Architektur in Shenzhen
- Shenzhen Bao’an Airport, noch mehr beeindruckende Architektur
Zum Schluss, nach zehn Monaten in diesem Fremden Land fällt es dann doch sehr schwer, zu gehen, egal wie sehr man sich auf die Heimat freut. Zurück bleiben Freunde, die dauerhaft in Shanghai leben (inklusive der Baozi-Verkäuferin aus meiner Straße), die anderen sieht man, zumindest ist das der Plan, in Europa wieder. Ein paar der Chinesen haben sogar Deutsch gelernt und sich für Besuche angekündigt.
Nach zehn Monaten steht auf jeden Fall fest: Shanghai sieht mich wieder! Nur ob ich es in einem Jahr noch wiedererkenne, ist die Frage.
- Shanghai
- Shanghai sieht mich wieder!
Zu Hause in München angekommen geht es weiter mit dem Münchener Alltag, als wäre ich nie weg gewesen. Freunde und Familie wieder sehen, meiner Freundin, die für das Wintersemester für ein Praktikum nach München gezogen ist die Stadt zeigen, mein eigenes Praktikum zwischen Urlaub und Uni, das sind die Dinge, die mich jetzt beschäftigen. Über die Frage, wo ich auf die Schnelle ein Dirndl für Roxana herbekomme vergesse ich meinen Hunger auf Baozi und Shaomai.
Außerdem beginnt nach der Wiesn die Uni wieder, das letzte Jahr Bachelor für mich. Dieses Semester haben wir viele Wahlmöglichkeiten und die meisten klingen gar nicht schlecht. Nach einem Jahr chaotischem Spaß in Shanghai ruft jetzt wieder die harte, gut organisierte Arbeit. Shanghai zaijian, servus München!
Niklas Heese
Architekturstudent