Liebe Kollegin, lieber Kollege,
manchmal macht es die Hauptstadt auch dem überzeugtesten Berliner gar nicht so leicht, mit weltstädtischer Gelassenheit die immer positive Haltung „allett wird jut“ zu wahren. Mietendeckel, Karstadt Hermannplatz, Kostensteigerung am Museum der Moderne, da gibt es dieser Tage einiges zu bestaunen, zu hinterfragen, zu diskutieren.
Natürlich ist es überfällig der bedeutenden Sammlungen der Neuen Nationalgalerie endlich einen angemessenen Rahmen zu schaffen. Was allerdings –und dies nicht zum ersten Mal- irritiert, ist die Art und Weise, wie sich Baukosten bei Projekten dieser Art entwickeln. Die allermeisten unserer Kollegen täten sich schwer damit, ihren privatwirtschaftlichen Bauherrn eine vergleichbare Kostenentwicklung erklären zu müssen. Bei Bauten, die wir alle bezahlen, scheint das nicht so zu sein.
Ein wenig dieser Großzügigkeit im Umgang mit dem Bauen wird schmerzlich an anderer Stelle vermisst. Schon vor der Durchführung eines Bürgerbeteiligungsverfahrens hat der verantwortliche Stadtrat von Friedrichshain-Kreuzberg Florian Schmidt die Neugestaltung eines so wichtigen Projekts wie die Revitalisierung des Karstadt Gebäudes am Hermannplatz „…in einem persönlichen Anschreiben an uns (die Investoren)…“ zumindest in der bisher vorliegenden Form (Chipperfield Architects) abgelehnt.
Schade! Nicht nur die Fachöffentlichkeit hätte sich sicher gern ein eigenes Bild gemacht. Wenigstens hat der Regierende Bürgermeister nun für eine Fortsetzung der Gespräche gesorgt. Ein offener und öffentlicher Diskurs muss folgen. Auch wir als Fachöffentlichkeit sollten ihn einfordern.
Genau an diesem offenen und öffentlichen Diskurs scheint es auch beim Thema Mietendeckel zu fehlen. Gerade die Frage, wie sichern wir Wohnen für alle, ist viel zu wichtig, um zuzulassen, dass „nicht zu Ende gedachten“ Konzepte gegen jedes abweichende Argument durchgedrückt werden.
Interessant in diesem Zusammenhang jüngste Aussage aus der Finanzwirtschaft: Wenn der Mietendeckel kommt, werden Banken Mietimmobilien neu bewertet. Zumindest auf das Ranking der Eigentümer als Kreditnehmer dürfte sich das negativ auswirken. Allerdings können die Gutverdiener, die für ihre frisch und schön sanierte Altbauwohnung künftig nicht mehr 12 € zu zahlen haben werden, die gerade gesparte Miete ja dann für das Stopfen der Finanzierungslücken ihrer vermieteten Eigentumswohnung nutzen.
Dinge zu Ende denken! Wäre schon schön….
Herzlichst
Kay Wieland
Landesgruppe Berlin-Brandenburg