Die ersten Monate des Studiums sind vorbei und die Weihnachtsferien haben begonnen. Die letzten Wochen kommen mir vor wie ein ganzes Jahr, aber langsam gewöhne ich mich ein und finde einen Rhythmus. Eines ist klar, zu dem vielen Arbeiten im Studio braucht man einen Ausgleich. Meiner ist neben Sport auch das Aktzeichnen – ein Kurs, der zusätzlich für alle Akademiestudenten angeboten wird. Je mehr ich zu tun habe, desto wichtiger wird das freie Zeichnen für mich.
Die Akademie ist seit Studienbeginn zu meinem Lebensmittelpunkt geworden. Eine Aufgabe war zum Beispiel ein Modell aus Graukarton und ein Gipsmodell von dem Raum zu machen, der im letzten Monatsbrief als Abbildung zu sehen war. Das bedeutete für mich wiederum ein Faltmodell aus meinem 3D-Modell zu konstruieren, es für den Lasercutter vorzubereiten, dann den Lasercutter seine Arbeit machen zu lassen und daraufhin die einzelnen Teile zusammen zu kleben. Im nächsten Schritt sollten wir aus Styrodur eine Negativform für das Gießen in Gips vorbereiten. Die zweite Aufgabe war eindeutig die anspruchsvollere. Styrodur ist nicht unbedingt ein gütiges Material. Es verzeiht keine Fehler. Auch die Form, die ich zu gießen hatte, war nicht die einfachste. Aber das hatte ich mir ja selbst zuzuschreiben. Da ich noch nie mit dem Material gearbeitet hatte, war jeder Schnitt, den ich anfangs mit dem Styrocutter machte, schräg und verzerrt. Ich brauchte ungefähr eine Woche inklusive langer Nächte, um die für mich funktionierenden Techniken zu finden, damit ich das Styrodur in die gewünschte Form bringen konnte. Wenn meine Kommilitonen diesen Text lesen, fallen ihnen sicher Sätze ein, wie „Also wirklich, das Material liegt mir nicht“ oder „Wer hat sich diesen Schmarrn eigentlich ausgedacht“ , die eventuell von meiner Seite gefallen sind. Aber wie es dann so ist, war ich am Ende doch einigermaßen zufrieden und habe wieder viel dazu gelernt. Styrodur ist eben doch ein gutes Material, wenn man mit ihm umgehen kann. Und so wie ich das erste Semester einschätze, geht es in unserem Studium genau darum. Wir sollen uns Arbeitsweisen und Präsentationsmöglichkeiten aneignen. Und mit drei Tagen Abstand erscheint es für mich auch vollkommen logisch. Jetzt habe ich Ferien, die meine Kommilitonen und ich auch wirklich nötig haben. Zwar habe ich immer noch etwas zu tun, aber darauf habe ich mich auch schon länger gefreut.
Jetzt geht es ans Lernen für unsere ersten Prüfungen. Kurz vor den Semesterferien, also am Ende des nächsten Monats stehen vier Prüfungen an. In den nächsten zwei Wochen werde ich Alberti, Palladio und Co. verinnerlichen, Prinzipien der Tragwerkslehre verstehen und die Entwicklung der Stadt Paris erklären können. Vielleicht hat aber auch Weihnachten mit seinen Verpflichtungen andere Pläne mit mir.
In der letzten Woche im Studio sehnte sich jeder den Freitag und damit den Beginn der Ferien herbei. Eine meiner Studienprofessorinnen verabschiedete mich mit dem Satz „Get fresh back and enjoy your holidays – you worked much“.
Ruben Stadler
Architekturstudent