BIM und die Honorarordnung der Architekten und Ingenieure (HOAI)

naumovic VfA Bayern, VfA RP

Im Baubereich führt die sich rasant entwickelnde Spezialisierung im Zusammenwirken mit einer zunehmenden Aufgliederung von Verantwortlichkeiten im Planungs- und Errichtungsprozess häufig zu gravierenden Fehlsteuerungen, wie sich gerade bei der Abwicklung von Großprojekten in Deutschland gezeigt hat. Planungsmängel und Verzögerungen, aber auch gestörte Bauabläufe sind vielfach die Konsequenz einer unzureichenden Informationsbearbeitung und nicht standardisierter Planungsbauprozesse. Die digitale Informationsverarbeitung im Bauwesen soll die direkte Weiterbearbeitung von Planungsinformationen über alle Planungsphasen bis hin zu Produktions- und Betreiberprozessen ermöglichen[1]. Mit ihrer Hilfe sollen Schnittstellenprobleme vermieden und Bauabläufe ökonomisiert werden. Planerische Fehlleistungen sollen bei einer digital organisierten Bauplanung frühzeitig sichtbar werden, wodurch sich die Gefahr verringern soll, dass derartige Planungsfehler erst während der Bauausführung mit oft desaströsen Folgen für den Bauablauf und die dahinter stehenden ökonomischen Erwartungen der Baubeteiligten erkannt und behoben werden können[2].

BIM wird nun auch in der HOAI thematisiert. In Anlage 10.1 der HOAI 2013 wurde in der rechten Spalte die “3-D oder 4-D Gebäudemodellbearbeitung (Building Information Modelling, BIM)” als Besondere Leistung in die Leistungsphase 2 aufgenommen. Die Eingliederung als Besondere Leistung nur in der LP 2 der Objektplanung – Gebäude greift deutlich zu kurz. Nach Sinn und Zweck der Regelung fällt hierunter auch die 5-D-Modellierung (3-D plus Zeit plus Kosten).

Geht man davon aus, dass die Anwendung der BIM-Methode den Planungsablauf nach den bisherigen Leistungsbildern komplett umstößt, ist die Anwendung von BIM als Besondere Leistung zu hinterfragen, denn Besondere Leistungen sind Leistungen, die über das im Allgemeinen zur Erfüllung des Architekten- oder Ingenieurvertrags Erforderliche (HOAI 2013 § 3 Abs. 2) hinausgehen, den normalen Planungsablauf gemäß Leistungsbild aber unangetastet lassen. Ansonsten müsste man erwägen, ob BIM eine ersetzende Besondere Leistung ist, die das gesamte Leistungsbild ersetzt. Dies war vom Verordnungsgeber nicht gewollt. Bedenkenswert wäre statt dessen der vertragliche Ansatz, honorarseitig im Bereich der Grundleistungen konsequent abzubilden, wie sich bei prinzipiell unverändertem Planungsablauf (LP 1 Grundlagenermittlung, LP 2 Projekt- und Planungsvorbereitung, LP 3 System- und Integrationsplanung, LP 4 Genehmigungsplanung, LP 5 Ausführungsplanung usw.) die Gewichtung und Leistungszeiträume einzelner Grundleistungen (z. B. GL 2/e Erarbeiten der Vorplanung (…), Zeichnungen im Maßstab nach Art und Größe des Objekts; GL 2/e Bereitstellen der Arbeitsergebnisse etc.) verändern. Die früher oder umfangreicher zu erbringenden Leistungen können durch Erhöhung der HOAI-Honorare erfasst werden. Es wird erwogen, ob dies ein Anwendungsfall von § 7 Abs. 3 HOAI (Ausnahme) ist[3]. Ansonsten kann der Mehraufwand durch eine Honorierung als Besondere Leistung vergütet werden. Die später nicht mehr oder nur gekürzt zu erbringenden Leistungen können nach § 8 Abs. 2 HOAI geringer honoriert werden. Hierbei kann der Fall eintreten, dass das Planungshonorar insgesamt geringer wird, wenn Planungsteile an einen gesonderten BIM-Manager ausgelagert werden. Teilweise wird erwartet, dass die HOAI als zwingendes Preisrecht durch die BIM-Methode zusätzlich unter Druck gerät[4]. Es ist aber auch denkbar, dass die Effizienzsteigerungen und der mit der BIM-Methode erzielbare Mehrwert für den Auftraggeber zu einer Ausweitung des Gesamtbetrags der Honorare führen[5]. BIM ist jedenfalls nicht nur eine Besondere Leistung in LP 2 der Objektplanung – Gebäude, sondern eine Methode, die das gesamte Vorhaben, das heißt alle Leistungsphasen erfassen soll. Die Erstreckung auf alle Leistungsphasen ist von § 3 Abs. 3 Satz 2 HOAI gedeckt, denn Besondere Leistungen können auch für Leistungsphasen vereinbart werden, denen sie im Verordnungstext nicht zugeordnet sind. BIM ist zwar nur im Leistungsbild der Objektplanung – Gebäude (Anlage 10.1) ausdrücklich genannt. Dies ist allerdings auf alle anderen Leistungsbildern der HOAI übertragbar, denn die Aufzählung ist gemäß § 3 Abs. 3 Satz 1 HOAI nicht abschließend. Möglicherweise lag beim Verordnungsgeber die Annahme zugrunde, dass die umfassende Gebäudedatenmodellierung, wenn überhaupt in der HOAI zu verorten, jedenfalls eine Leistung des von seither mit Koordinierungs- und Querschnittsaufgaben betrauten Objektplaners ist. Dies gilt dann aber auch für die Objektplanung von Ingenieurbauwerken und Verkehrsanlagen. Im Übrigen ergibt die Anwendung eines stark integrierten BIM erst dann Sinn, wenn man die Fachplanung der Tragwerke und der Technischen Ausrüstung einbezieht. Jedenfalls ist die BIM-Methode an sich keine Grundleistung, da kein Bestandteil der linken Spalte des Leistungsbilds (Grundleistungskatalog), das heißt nicht gemäß § 3 Abs. 2 Satz 1 HOAI im Allgemeinen zur ordnungsgemäßen Auftragserfüllung erforderlich. BIM definiert ohne ausdrückliche Vereinbarung auch nicht die übliche Beschaffenheit des planerischen Werks im Sinne des § 633 Abs. 2 Nr. 2 BGB[6].

Zu empfehlen ist daher, mit BIM-spezifischen Vertragsergänzungen für Standardverträge mit Planern, Projektsteuerern, BIM-Managern und Ausführenden zu arbeiten und bei der Gestaltung dieser Verträge auf die Besonderheiten der neuen BIM-Methode abzustellen.

Prof. Peter Matthias Astner, LL.M.

Technische Hochschule Rosenheim/MÖLLER Rechtsanwälte PartGmbH

Rosenheim, Deutschland


[1] Die Welt kompakt, 25.09.2015

[2] Eschenbruch/Leupertz, BIM und Recht, Kapitel 1 Rn.2

[3] Eschenbruch/Malkwitz/Grüner/Poloczek, Maßnahmenkatalog vom 30.04.2014 zur Nutzung von BIM in der öffentlichen Bauverwaltung (…) – Gutachten zur BIM-Umsetzung – (im Auftrag des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung [BBSR] im Bundesamt für Bauwesen und Raumentwicklung [BBR]), S. 35.

[4] Eschenbruch/Grüner: BIM – Building Information Modeling, a.a.O..

[5] Liebich/Schweer/Wernik, Schlussbericht vom 03.05.2011 über die Auswirkungen von Building Information Modelling (BIM) auf die Leistungsbilder und Vergütungsstruktur für Architekten und Ingenieure sowie die Vertragsgestaltung (im Auftrag des Bundesinstituts für Bau-, Stadt-, und Raumforschung [BBSR] im Bundesamt für Bauwesen und Raumentwicklung [BBR]), dort S. 39.