RA Peter Astner

Bauzeitverzögerungen – Haftung des Architekten?

Redaktion Steuer und Recht kommentieren

Mit Urteil vom 5.10.2018, Az.: 6 O 390/15 untermauerte das Landgericht Karlsruhe, dass Architekten zwar grundsätzlich für Bauzeitverzögerungen haften; die Hürden für die Durchsetzbarkeit des Anspruchs durch den Auftraggeber sind aber sehr hoch. Im konkreten Fall wies das Landgericht Karlsruhe die Klage deswegen ab.

Die Auftraggeberin hatte von den beklagten Architekten Schadensersatz verlangt wegen mangelhafter Planung und Bauüberwachung, sowie fehlerhafter Beratung bezüglich eines Bauvorhabens, bei dem ein Konzept für urbanes Leben und Arbeiten in innerstädtischer Lage verwirklicht wurde.

Die bauausführende Firma stellte während der Bauphase am 14.8.2013 die Arbeiten ein, nachdem festgestellt worden war, dass in dem Bereich, in dem die Abstützung des Bauteils erfolgen sollte, eine 110 KV – Stromleitung lag. Am 21.08.2013 wurden der Klägerin gegenüber Mehrkosten angemeldet, mit Zusatzangebot vom 25.9.2013 konkret berechnet und mit Nachtrag vom 9.10.2013 in Höhe von 70.257,60 € vereinbart.

Bereits am 30.9.2013 hatte die Klägerin die beklagten Architekten auf zu erwartende Stillstandskosten in Höhe von 300.000 € – 500.000 € hingewiesen und um Unterstützung, Schriftverkehr und Unterlagen zur Abwehr solcher Ansprüche gebeten. Nach weiteren ergebnislosen Einigungsversuchen der Beteiligten im Laufe des Oktobers 2013 wies die Auftraggeberin die beklagten Architekten auf ihre Verantwortung und Haftung für die Bauzeitverzögerung wegen verspäteter Vorlage der Planung hin und informierte sie über eine geplante Einigung mit der ausführenden Firma in Höhe von weiteren ca. 50.000 € – 70.000 €.

Mit der Klage verlangt die Auftraggeberin von den Architekten Schadensersatz in Höhe von 164.200 €. Demnach bemisst sich die Höhe des Schadens anhand einer mit der bauausführenden Firma am 21.11.2013 abschließend getroffenen Vereinbarung, bei der die Verzugskosten  – wohl nach Beratung mit den Architekten – mit einem Betrag in Höhe von 11.500 € netto pro Woche als angemessen ermittelt wurden. Bei einer Stillstandszeit von zwölf Wochen ergibt sich ein Betrag in Höhe von 138.000 € netto, mithin 164.220 € brutto.

Das Landgericht Karlsruhe begründet die Klageabweisung im Wesentlichen damit, dass kein Feststellungsinteresse für die Klage vorliegt, da seit dem Baustillstand bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung fünf Jahre vergangen sind und die Auftraggeberin nicht konkret zu den erwartenden Schäden vorgetragen hat. So wurde lediglich vorgetragen, dass Erwerber und von ihr beauftragte Handwerker Ansprüche geltend machen und dass diese Auseinandersetzungen noch nicht abgeschlossen sind. Die Auftraggeberin hält es für möglich, dass durch den eingetretenen Baustillstand ein weiterer Schaden in sechsstelliger Höhe entstanden ist. Konkrete Angaben zu Handwerkern oder Erwerbern und zur Art oder Höhe der geltend gemachten Forderungen hat die Klägerin nicht gemacht.

Ein Geschädigter muss in Fällen wie dem vorliegenden aber regelmäßig innerhalb von drei Jahren nach der ersten Vermögenseinbuße eine Feststellungsklage erheben und die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts darlegen, um die regelmäßige Verjährungsfrist zu hemmen, wenn der endgültige Schaden erst später berechnet werden kann.

Auch im Übrigen konnte die Auftraggeberin im konkreten Fall keinen Schadensersatz wegen fehlerhafter Bauplanung oder Bauüberwachung bzw. fehlerhafter Beratung bei dem Abschluss der Vereinbarung vom 21.11.2013 verlangen. Sie hat die Vereinbarung im Rahmen ihrer Vertragsfreiheit selbst abgeschlossen. Daraus ergibt sich für die beklagten Architekten weder eine Zahlungsverpflichtung, noch eine Bindung an eine bestimmte Schadenshöhe durch Bauzeitverzögerung. Auch gegen Beratungspflichten haben die Architekten im Zusammenhang mit der Vereinbarung vom 21.11.2013 nicht verstoßen, da sie die von der bauausführenden Firma geltend gemachte Bauzeitverzögerung bzw. Verantwortung der Klägerin fortwährend in Abrede stellten.

Schließlich wurde von der Klägerin auch der behauptete Schaden nicht nachweisbar dargelegt. Auch wenn die Architekten an der Vereinbarung vom 21.11.2013 mitgewirkt haben mögen, so sind sie nicht nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) gehindert, im Rahmen des Klageverfahrens die Höhe des geltend gemachten Schadens zu bestreiten. Die Auftraggeberin ist insofern verpflichtet, den eingeklagten Schadensbetrag auch konkret darlegen und zu beweisen. Auf die Schätzungen auf der Vereinbarung vom 21.11.2013 kann sich die Klägerin im Rahmen der Klage nicht berufen.

Ergebnis:

Aus Sicht des Auftraggebers ist es in der Praxis äußerst schwierig, Verzugsansprüche gegen einen bauleitenden Architekten erfolgreich geltend zu machen. Aufgrund der vielfältigen Mitwirkungspflichten der unterschiedlichen Beteiligten, auch des Auftraggebers, ist eine Verzögerung nur in den seltensten Fällen ausschließlich einem Baubeteiligten zuzuordnen. Ein Architekt hat im Falle seiner Inanspruchnahme die Möglichkeit, auf diese Umstände hinzuweisen. Dadurch ist es für den Auftraggeber schwer, den kausalen Zusammenhang zwischen Verzögerung und Schaden darzulegen und den Schaden der Höhe nach zu beweisen.

 

Hans Küßwetter
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Möller Astner Funk Friedel & Hermann Rechtsanwälte

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