Architekturstudium an der Akademie der bildenden Künste in Wien – Erste Eindrücke von Stadt und Studium

Redaktion Ausbildung und Berufsgründung

Ruben Stadler studiert seit Oktober 2015 Architektur an der Akademie der Bildenden Künste in Wien. In dieser Zeit wird er an dieser Stelle über das Studentenleben in Wien berichten.

Ich habe es geschafft! Etwas, das für mich lange nur als unschlagbare Traumvorstellung existierte, ist Wirklichkeit geworden. Ich bin in Wien und studiere Architektur an der Akademie der bildenden Künste. Vor zwei Wochen habe ich nach einer zeitspieligen Wohnungssuche (Man sollte nicht so spät anfangen wie ich!) das Studium angetreten.

Als ich das erste Mal das Gebäude betrat, habe ich mich dort direkt wohl gefühlt. Das war schon lange bevor ich überhaupt die Vorstellung hatte, dort einmal zu studieren. Das Gebäude ist leicht heruntergekommen und sogar mit mehreren Graffitis im Inneren „verschmiert“. Aber das lässt es nicht schäbig wirken, sondern es verleiht dem historischen Bau einen freigeistlichen und zeitnahen Charakter.

Zwei Monate später, als ich meine Mappe und die Testaufgaben schon eingereicht hatte und zum Aufnahmegespräch eingeladen wurde, war meine Hoffnung aufgenommen zu werden noch mehr gewachsen. Eine weitere Hürde hatte ich aber noch vor mir. Doch wie soll ich mich vorbereiten und was soll ich anziehen? Letztendlich wartete ich im Gang vor dem Gesprächsraum mit einem architekturgeschichtlichen Buch in der Hand, das ich noch in München auf der Straße gefunden hatte und das zu meinem Glückbringer wurde. Ich hatte mich für kurze Hose und T-Shirt entschieden, denn es hatte mal wieder fast 40 Grad und die Hitze war drückend. Ich dachte mir, dass ich an einer Uni, die auf solche Umstände keine Rücksicht nimmt, gar nicht genommen werden möchte. Und es würde mir auch nicht in das Bild passen, das ich von einer Kunstakademie im Kopf hatte. Als ich da nun saß, war ich mir doch unsicher mit meiner Wahl, denn die anderen Kandidaten waren in Smoking und Abendkleid angetreten. Doch letzten Endes wurde ich genommen und sie nicht.

Vielleicht wollten sie eigentlich doch in die Oper und sind falsch abgebogen. Über den Inhalt des Buches habe ich jedoch kein Wort gesagt. Es kam einfach nicht zur Sprache. Ich wurde gebeten eines meiner Projekte aus meiner Bewerbungsmappe vorzustellen, mein Lieblingsgebäude aus München zu nennen und den Grund warum ich an dieser Einrichtung studieren möchte. Ich stellte eines meiner Hefte vor, in denen sich eine kleine Studie zu Licht, Form und Material befand und sagte, dass mir keines der Gebäude in München wirklich gut gefällt. Zu der Frage warum ich dort studieren möchte, fügte ich hinzu, dass ich mich dort wohlfühlen könnte, weil eine ruhige Atmosphäre herrscht. Daraufhin lachten alle der Prüfer laut und wendeten ein, dass ich mal um 12 Uhr in die Mensa gehen solle. Heute sage ich immer noch, dass es schön ruhig ist.

Nun studiere ich schon knapp zwei Monate an der Akademie in Wien und habe sogar schon die Zwischenpräsentation hinter mir. Für mich ist es normal geworden jeden Tag bis mindestens zehn Uhr in der Uni zu bleiben und nur einen Tag am Wochenende frei zu haben. Das ist auch nicht weiter schlimm, denn mir macht es dort unglaublich Spaß. Drei Mal pro Woche werden wir beim Arbeiten von zwei Professoren betreut, die einem die Aufgaben vorgeben und in eine bestimmte Richtung lenken. Das nennt sich „Studio“, welches mit der größten Anzahl an ECTS-Punkten bewertet wird und 50 Prozent der Unterrichtszeit in Anspruch nimmt. Dort bearbeiten wir ein Projekt, das das gesamte Semester in Anspruch nimmt und mit einer Endpräsentation abgeschlossen wird. Weitere Fächer sind Tragwerkslehre, digitale Produktion, Stadtentwicklung, Architekturgeschickte und ein Fach, welches sich mit konzeptueller Architektur auseinandersetzt, für mich das Interessanteste. Die Unterrichtssprache ist Englisch, da sich unter meinen nur 20 Kommilitonen im ganzen Jahrgang mehrere Studenten aus nicht deutschsprachlichen Ländern befinden.

Im Verlauf der letzten beiden Monate ist mir immer wieder aufgefallen, wie unterschiedlich wir alle sind. Keiner gleicht in seiner Arbeit dem anderen. Das ist während der Zwischenpräsentation noch einmal deutlicher geworden. Jeder stellte sein Projekt einer Jury von Professoren vor, mit unter dem Institutsleiter des IKA Wolfgang Tschappeller und einem speziell für diesen Anlass aus Lichtenstein eingeflogenem Professor. Der Tag der Präsentation war bis jetzt der aufregendste, da sich Dozenten, die nicht von Anfang an unseren Projekten beteiligt waren mit den Arbeiten auseinandersetzten und jedem Einzelnen die Meinung zu seinem Projekt sagten. Ich war der Erste, der vorstellen sollte und ich glaube es lief sehr gut. Nach der Präsentation gab es eine gemeinsame Party im Gang mit Bier, Wein, Long Island Ice Tea und zum Teil guter Musik von einem Schallplatten DJ-Set. Alle Architekturstudenten kamen zusammen, auch die der höheren Semester und Master Studenten, die zur selben Zeit fertig waren wie wir.

Wie es mit dem Projekt weitergeht, weiß ich noch nicht. Unsere beiden Studioprofessoren deuteten eine intellektuelle Auseinandersetzung mit der Materie an. Das löst in mir Vorfreude aus, da wir uns bis jetzt mit den Themen mehr oberflächlich und rein visuell auseinandergesetzt haben.

 

 

Ruben Stadler
Architekturstudent