Karlstrasse München Josef Wensauer

Architekturschule – Nachnutzung ungeklärt. Neues aus der Karlstraße

Redaktion Aktuelles, VfA Bayern kommentieren

Die traditionsreiche Architekturschule an der Münchner Karlstraße soll aufgegeben werden. Wir haben im letzten Monatsbrief davon berichtet. Im sogenannten „Kreativquartier“ werden die Fakultäten Architektur, Bauingenieurwesen und Geoinformation neue Flächen zugewiesen bekommen – als Bestandteil einer städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme im Norden der Innenstadt. Die Ausschreibung der konkreten Planungen hierfür steht kurz bevor.

Staatsregierung und Hochschulleitung werben mit einem schönen, neuen Campus für den Umzug, außerdem sprächen dafür auch die hohen Kosten der notwendigen Sanierung im Bau an der Karlstraße. Die Interessen und Belange der Architekturstudenten finden eher weniger Beachtung, sie wären im Gegenteil Verlierer dieser Entwicklung. Einmal sind viele im Moment fußläufig erreichbare, studienwichtige Einrichtungen vom neuen Standort erheblich weiter entfernt, zum anderen ist fraglich, ob ein Neubau ähnliche Qualität erreichen kann, wie der speziell auf die Architekturlehre ausgerichtete Bau an der Karlstraße.

Für eine Nachnutzung dieses denkmalgeschützten Gebäudes gibt es außerdem nach unseren Informationen kein Konzept. Bisher hieß es aus dem Kultusministerium dazu stets lapidar, daß ein solches bekannt und beschlossen sei – nähere Details wurden aber verschwiegen. Tatsächlich soll aber erst vor wenigen Wochen eine Machbarkeitsstudie zu dieser Frage in Auftrag gegeben worden sein.

Verständlich, dass die Fakultät Architektur lieber am alten, viel besser geeigneten Standort im Kunstareal bleiben möchte. Studenten und Professoren kämpfen zusammen mit einem eigens dafür gegründeten »Freundeskreis um ihre Schule. Sie stießen bisher aber bei Hochschulleitung und Kultusministerium auf taube Ohren. Selbst eine Online-Petition mit Unterschriften von über 6000 Unterstützern wurde vom Kultusministerium ignoriert. Nun wurde die Petition im Petitionsausschuß des Landtages eingereicht.

Auch die VfA Bayern ist der Auffassung, dass es sich lohnt, das Haus in der Karlstraße für Architektur und Baukunst zu erhalten. Die VfA ist deshalb nicht nur als erster Berufsverband dem Freundeskreis beigetreten, wir sehen in der aktuellen Situation sogar die Chance, mit einem veränderten Umzugskonzept für alle Seiten Vorteile zu erreichen. Deshalb werden wir uns für die Einrichtung einer Projektgruppe einsetzen, die ein entsprechendes Konzept als Gesprächsgrundlage für eine Verhandlung mit der zwischenzeitlich neuen Hochschulleitung erarbeitet.

Die Diskussion um eine Zentralisierung der Hochschule ist fast ein Vierteljahrhundert alt. Viele damalige Annahmen stehen heute in einem anderen Licht. Es muß deshalb erlaubt sein, eine mehrere Jahre alte städtebauliche Planung und die noch viel ältere Idee von einem zentralisierten Hochschulcampus aus heutiger Sicht zu diskutieren, zu hinterfragen und an die Aktualität anzupassen. Wenn eine solche Diskussion zu einer kostenneutralen Verbesserung des Konzeptes führt, das Ergebnis auch die Interessen der Architekturstudenten berücksichtigt und darüber hinaus vielleicht sogar die Baukunst generell einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden kann, wäre allen Seiten gedient.

Das große Engagement der Studierenden für ihr Haus wird aktuell übrigens auch in einer Anfang Dezember erscheinenden Broschüre mit dem Titel „Kreativität braucht Raum“ deutlich, die zwei Masterstudenten erarbeitet haben. Schwerpunkt der Arbeit ist der Lichthof des Hauses – einer der schönsten Innenräume der 50er Jahre in München. Die Arbeit wird am 1.12.2016 (18:30 Uhr, Karlstraße 6, Lichthof) vor dem Gastvortrag des international bekannten Wiener Architekten Adolf Krischanitz (19:00 Uhr, Aula) in einer öffentlichen Vernissage vorgestellt. Eine Dokumentation in Form eines Leporellos ist an diesem Tag vor Ort oder später über den Freundeskreis Karlstraße für einen Unkostenbeitrag von 3 Euro erhältlich. Der Druck des Leporellos wurde von der VfA unterstützt und ein Auszug daraus kann unter diesem »Link mit freundlicher Genehmigung der Autoren Lucia Maier und Thomas Holzer vorab eingesehen werden.

Sehr interessante Hintergrundinformationen finden Sie in der Broschüre
»”Bleiben statt umziehen”.

Josef Wensauer

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